Wie knüpfen wir ein großes, starkes Netzwerk gegen den Antifeminismus der extremen Rechten? Bei der Fishbowl-Diskussion der Kampagne „Frauen gegen RechtsX“ wurde deutlich: Diese Frage beschäftigte viele der rund 50 Gäste. Die Veranstaltung im Caritas-Pirckheimer-Haus Nürnberg lieferte Antworten und war eine gute Gelegenheit, sich auszutauschen und Position zu beziehen gegen das rückwärtsgewandte Frauenbild und die frauenfeindliche Propaganda der extremen Rechten.
Ute Möller, Herausgeberin von „Flamingo und Dosenbier“ und Initiatorin der Kampagne „Frauen gegen RechtsX“, machte deutlich: Frauenfeindlichkeit gehört zur DNA von AfD, WerteUnion und III. Weg. Ziel der Kampagne ist es, dass jede*r Unterstützer*in klipp und klar den ausgrenzenden, antifeministischen Aussagen dieser Parteien widerspricht. Dabei wird deutlich: Niemand muss allein klare Kante zeigen, im Gegenteil. Wir sind viele.

Réka Lörincz aus dem Koordinierungsteam der Allianz gegen Rechtsextremismus in der Metropolregion Nürnberg ergänzte: „Frauen gegen RechtsX“ ist nicht nur eine social media-Kampagne, sondern will auch unterschiedliche analoge Beteiligung ermöglichen. So hatten nach der Fishbowl-Diskussion die Gäste der Veranstaltung die Möglichkeit, sich mit einem Zettel fotografieren zu lassen mit ihrem Statement, warum sie bei der Europawahl am 9. Juni der extremen Rechten keine Stimme geben. Und viele nutzten die Chance, Flagge zu zeigen.

Über den Zusammenhang von Antifeminismus und Rechtsextremismus sprach Dr. Katrin Degen von der Technischen Hochschule Nürnberg. AfD und Co. fordern, dass eine „universelle Normalität“ wiederhergestellt wird. Welche Rechte und Pflichten Frauen und Männer haben, ist in ihrer Ideologie naturgegeben und nicht veränderbar.
Für Rechtsextreme sind Frauen vor allem „Gebärende“
Sie verstehen Heteronormativität als Teil der naturgegebenen „Normalität“. Vielfältige Formen von Partnerschaft, Familie und Sexualität werden als nicht der Norm entsprechend ausgegrenzt, geleugnet und verfolgt. Reduziert auf die Funktion der Gebärenden, soll es Aufgabe der Frau sein, die „Volksgemeinschaft“ aufrecht zu halten.

Feminismus ist für die extreme Rechte ein Angriff auf ihre irregeleitete und menschenverachtende Vorstellung von Familie und Geschlechterrollen. Geschlechtliche und sexuelle Vielfalt, also das Aufbrechen der binären Geschlechterrollen und des Patriachats, sind für sie „unnormal“ und müssen in ihrer Vorstellung zum „Fortbestand des Volkes“ eingedämmt werden
Rechtsextreme wollen auch die Filmbranche vereinnahmen
In der anschließenden Fishbowl-Diskussion verlieh Andrea Kuhn, Leiterin des Menschenrechtsfilmfestivals Nürnberg, ihrer Sorge Ausdruck, dass rechtsextreme Parteien auch die Filmbranche vereinnahmen wollen. Dies sei beispielsweise in Ungarn und Polen zu beobachten. Sie möchte mit dem Festival deutlich machen, dass Kultur selbstverständlich einen vielfältigen Blick braucht und wir alles tun müssen, um diesen zu erhalten.

Regionalbischöfin Elisabeth Hann von Weyhern betonte, dass ein Mandat oder ein Ehrenamt in der Kirche nicht mit Mandaten in extrem rechten Parteien wie der AfD vereinbar seien. Die Ideologie der extremen Rechten lasse sich nicht mit dem christlichen Glauben vereinen, für den der Grundsatz der Gleichheit aller Menschen gelte.
Petra Wagner, bis vor kurzem Gleichstellungsbeauftragte am Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung in Nürnberg, widersprach der Annahme der Rechtsextremen, dass für die Gleichstellung nichts mehr zu tun sein. „Im Gegenteil: Es braucht dringend Gleichstellungsbeauftragte, da Frauen immer noch benachteiligt werden.“ Das zeige sich auch in Forschung und Wissenschaft, in denen sich Karriere und Care-Arbeit nach wie vor nicht vereinbaren ließen.
Bildung kann die Rechtsextremen aushebeln
Bildung sei ein ganz wesentlicher Hebel, um den extremen Rechten entgegenzutreten, sagte Sandra Schäfer. Die 1. Vorsitzende des Nürnberger Lehrer- und Lehrerinnenvereins und Vizepräsidentin des Bayerischen Landesfrauenrats forderte mehr gendersensible Fortbildungen für Lehrkräfte und aktuellere Schulmaterialien, um Rollenstereotype nicht weiter zu reproduzieren.

Anusiya Albert, Aktivistin und Projektkoordinatorin im Nürnberger Verein we integrate, erzählte von Anfeindungen in sozialen Netzwerken und bei Kundgebungen, wie beispielsweise bei der Internationalen Woche gegen Rassismus. Sie erlebe viele verbale Anfeindungen bis hin zu Morddrohungen. „Die daraus entstehende Angst versuche ich umzukehren in Wut und diese wiederum in Mut“, sagte Anusiya Albert.
Lasst uns bestehende Netzwerke nutzen
Sie forderte: Feminismus intersektional denken und uneingeschränkt solidarische sein bei allen Formen von Diskriminierung. „Wir müssen bestehende Netzwerke, Communities und Bündnisse nutzen und uns vernetzten. Wir müssen einen Safe-Space gerade für Mehrfachbetroffene schaffen, da sich diese oft nicht wohlfühlen in akademisierten, weißen Frauenkreisen.“

Katrin Degen antwortete auf die Frage einer Fishbowl-Teilnehmerin, wie wir es schaffen, dass sich engagierte Frauen kraftvoll gegen rechtsextremen Antifeminismus verbünden: „Wir sollten uns nicht durch das Denken in Kategorien selber einschränken, sondern müssen unterschiedlichen Lebensrealitäten Raum und Bühne geben.“ Es sei wichtig, eine breite Bevölkerung anzusprechen und verschiedene Lebensrealitäten anzuerkennen.
Jetzt selber Unterstützer*in von „Frauen gegen RechtsX“ werden
Genau dies wird die Kampagne „Frauen gegen RechtsX“ weiterhin tun. Wer Unterstützer*in werden möchte, kann eine Mail schreiben an info@flamingo-und-dosenbier.de Eingeladen sind ausdrücklich all gender.

Dieser Artikel entstand unter Mitarbeit von Sarah Wölfel, die derzeit als Praktikantin im Caritas-Pirckheimer-Haus Nürnberg arbeitet.