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Greta Calinescu ist für eine Quote an Theatern, denn „alte weiße Männer nehmen besser qualifizierten Frauen oft die Posten weg."

Ute Möller
24.06.2022
Lesezeit: 3 Min.

„Wir brauchen eine Quote am Theater“

Greta Călinescu arbeitet am Staatstheater Nürnberg und ist eine der spannenden Frauen, die zum "Speed-Dating mit Flamingo und Dosenbier" am 13. Juli 2022 ins Frauenmuseum kommen

Weil nichts so kraftvoll ist wie der ehrliche Austausch, lädt das Empowerment-Magazin Flamingo und Dosenbier beim diesjährigen Nürnberg Digital Festival zum „Speed-Dating“: Am Mittwoch, 13. Juli 2022, um 17 Uhr im Frauenmuseum in Burgfarrnbach beantworten nach einer halbstündigen Paneldiskussion  spannende Frauen im Zweiergespräch die Fragen der Gäste: Liedermacherin Karin Rabhansl, Prof. Dr. Silke Christiansen vom Fraunhofer Institut für Keramische Technologien und Systeme, die grüne Bundestagsabgeordnete Lisa Badum, Greta Călinescu, Künstlerische Produktionsleitung und Referentin der Schauspieldirektion am Staatstheater Nürnberg, Dr. Caroline Hack, Leiterin der Stabsstelle „Klinische Ethik“ des Uni-Klinikums Erlangen.

Frauen stoßen in vielen Branchen an Gendergrenzen. Da ist es außerordentlich wertvoll, von dem Wissen erfolgreicher Frauen profitieren zu können. Greta Călinescu arbeitet seit 2018 am Staatstheater Nürnberg und ist seit 2020 Referentin der Schauspieldirektion und künstlerische Produktionsleiterin. Zuvor übernahm sie Regieassistenzen an unterschiedlichen Theatern, unter anderem bei Dieter Dorn am Residenztheater in München. Von 2014 bis 2018 hatte sie ein festes Engagement als Regieassistentin am Nationaltheater Mannheim.

78 Prozent der Theater leiten Männer

Frauen in Leitungspositionen sind an deutschen Theatern rar, die Statistiken sprechen da eine klare Sprache: 78 Prozent der Theater werden von Männern geleitet. 76 Prozent der inszenierten Stücke haben Männer geschrieben, 70 Prozent der Inszenierungen stammen von Regisseuren. Es ist nicht schwer auszurechnen, wie wenig Frauen an deutschen Theatern entscheiden und die künstlerische Richtung mitbestimmen.

Die Zahlen stammen von Pro Quote Bühne, einem Zusammenschluss von Bühnenkünstlerinnen aus der ganzen Republik. Sie fordern eine 50 Prozent-Quote für alle künstlerischen Theaterressorts, außerdem Arbeitszeiten, die sich mit Kindern vereinbaren lassen, und gleiche Gagen für Frauen und Männer.

Auch Greta ist für die Quote, „alte weiße Männer nehmen besser qualifizierten Frauen Posten weg, die homosoziale Reproduktion hinterlässt auch im Theaterbetrieb Spuren, das müssen wir verändern.“ Männer fördern Männer, weil sie sich in ihnen wiedererkennen. Gleiches rückt Gleiches an Stellen mit Einfluss. Gut für die Sache ist das nie. Diverse Teams sind erfolgreicher, doch dieses Wissen hat bisher seine Kraft zur Veränderungen noch längst nicht überall entfaltet.

Der Kollege bekam bessere Optionen

Da seien eben oft die patriarchalen Verhältnisse davor, meint Greta. Als sie in Mannheim ein festes Engagement bekam, bemerkte sie, dass einem männlichen Regieassistenten viel bessere Möglichkeiten angeboten wurden. „Mir und meiner Kollegin wurde gesagt, dass wir eben zeigen müssten, was wir können. Und dass der Kollege ja auch etwas anderes studiert habe.“

Vorgeschobene Gründe, die sie ins Leere laufen ließen. Was dagegen helfen könnte? Die Quote und dass „für Auswahlverfahren für Leitungspositionen, die bisher sehr schwammig ablaufen, Vorgaben gemacht werden, wobei diese immer gegen die Kunstfreiheit abgewogen werden müssen.“

Ungerechtigkeiten nicht persönlich nehmen

Greta hat auch als Regieassistentin nachgefragt, warum Kollegen bessere Jobs bekommen. Sie hat Dinge nicht einfach hingenommen. In ihrer jetzigen Position möchte sie junge weibliche Talente fördern. Woher nimmt sie die Power, loszugehen für sich und für Veränderungen? „Meine Mutter arbeitete in den späten 70er Jahren als Oberärztin und hat dabei als Frau in einer Männerdomäne viel erlebt. Sie hat mir vorgelebt, dass ich als Frau alles machen kann. Sie wollte, dass ich unbelastet von den herrschenden Geschlechterunterschieden aufwachse und Ungerechtigkeiten nicht auf mich beziehe“, erzählt sie. „Sie hatte bei all dem wohl die Hoffnung, dass sich für Frauen meiner Generation tatsächlich etwas zum Besseren verändert“

Die #metoo-Bewegung begann in der Schauspielbranche und sie habe die Situation für die Frauen erleichtert, findet Greta. Sie selber sei mit Mitte 20 von einem Regisseur begrapscht worden, nachts habe er sie angerufen und bedrängt. „Ich habe das damals einfach erduldet.“

„Seit #metoo können sich Führungskräfte nicht mehr wegducken“

Die Aktivistinnen der #metoo-Bewegung seien sehr mutig gewesen, als sie die Missstände ansprachen und von ihren eigenen Erfahrungen mit sexuellen Übergriffen erzählten. „Das hat dazu geführt, dass Anlaufstellen für Frauen geschaffen wurden, Führungskräfte können sich heute vor dem Thema nicht mehr wegducken. Und das war ein wichtiger Schritt.“  Nicht mehr und nicht weniger. Zu tun bleibe noch genug, wie gesagt: 78 Prozent der Theater haben eine männliche Leitung…

Eine Anmeldung für das Speed-Dating mit Flamingo und Dosenbier ist kostenlos, aber erforderlich und funktioniert hier