Foto: Sammlung Archiv www.berliner-verkehrsseiten.de

In Berlin fuhr seit den 80er Jahren schon mal eine Magnetschwebebahn. Die M-Bahn wurde aber mit der DDR abgewickelt, jetzt soll eine neue gebaut werden.

Ute Möller
07.12.2023
Lesezeit: 3 Min.

Und zu Weihnachten gibt’s eine Schwebebahn

Ministerpräsident Markus Söder im Adventskalender, es muss sein, leider

Wer hätte gedacht, dass im Mutmach-Adventskalender 2023 von Flamingo und Dosenbier der bayerische Ministerpräsident Markus Söder einen Auftritt haben könnte? Ich ganz sicher als Letzte.

Doch mit seinem Vorstoß, der Stadt Nürnberg eine Magnetschwebebahn über die Straßen zu bauen, hat er sich dieses Gastspiel verdient.

Die konservative Union spinnt aktuell ihre Ideennetze fleißig übers ganze Land. Die Überzeugung, lieber mehr Geld für den Straßenbau auszugeben als für den öffentlichen Nahverkehr, gehört ebenso zum Strickmuster wie das Mantra „Die Verkehrswende brauchen wir ja schon irgendwie für den Klimaschutz, aber ran an die Strukturen  wollen wir deshalb noch lange nicht“.

Gutes Gefühl im Magnetfeld

Da ist so eine Magnetschwebebahn hoch über unseren Köpfen eine feine Sache. Für die müssen keine Fahrspuren für Autos geopfert werden. Unten bleibt alles, wie es ist, und doch gibt uns die Schwebebahn das gute Gefühl, etwas Revolutionäres zu tun.

Wie schön, dass die Firma Max Bögl im bayerischen Sengenthal bei Neumarkt schon 2020 vom Eisenbahn-Bundesamt bestätigt bekommen hat, dass ihre Magnetschwebebahntechnik (TSB) „zulassungsfähig und sicher“ ist. Bögl konnte theoretisch in die Serienproduktion einsteigen, aber bislang gibt es nach wie vor nur die Teststrecke im heimischen Sengenthal.

Und genau dort, auf dem Firmengelände von Max Bögl, war Ministerpräsident Markus Söder mit Finanzmininister Albert Füracker in diesem November zu Besuch. Und hellauf begeistert von der Hightech aus der Oberpfalz. Mobilität, die sich mit Dindl und Diesel in Einklang bringen lässt, punktet eben bei den Christsozialen.

Gemütlichkeit, Beschaulichkeit und schöne Landschaft – das prädistiniert die Magnetschwebebahn doch als bayerisches Produkt. Foto: Birmingham Museums Trust/unsplash

Dass eine Studie im Auftrag des Bundesverkehrsministeriums 2021 zeigte, dass die Magnetschwebebahn der Firma Bögl in puncto Energiebedarf und Emissionen nicht besser abschneidet als Straßenbahn, U- oder S-Bahn, tut der bayerischen Begeisterung keinen Abbruch. Ebensowenig wie die in derselben Studie festgehaltenen hohen Fahrzeugkosten und die nicht unbedenkliche Monopolbildung, wenn nur das System von Max Bögl für öffentliche Aufträge zur Auswahl steht. Außerdem sind die Hochbahnen mit ihren luftigen Bahnhöfen schlecht in bestehende U- oder S-Bahnhöfe zu integrieren.

Keine sinnvolle Alternative, finden die Kreisräte

Aber, schwamm drüber. Verkehrswende made in Bavaria – das ist zu verlockend. Zumindest für Schreibtischpolitiker droben im Maximilianeum in München. Die fasst es auch nicht an, dass der Landkreis München nach aufwändigen Nutzen-Kosten-Analysen entschieden hat:  Das TSB sei „keine sinnvolle Alternative“ im Vergleich zu einer Verlängerung der U-Bahnlinie 5 nach Süden.

Jetzt soll es ein Auftrag aus Nürnberg richten. CSU-Oberbürgermeister Markus König freut sich pflichtschuldig, der parteilose Baureferent Daniel Ulrich stellt klar: Wenn, dann ist das Land der Zahlmeister. Denn für die Strecke zwischen neuer Technischer Hochschule und Südklinikum, die Markus Söder in seiner Regierungserkärung für eine Schwebebahn empfohlen hat, gibt es bereits Pläne für eine Straßenbahntrasse. Etwas altbacken vielleicht, aber laut zahlreicher Studien eben doch eine der ökologisch sinnvollsten Mobilitätsangebote. Und erste Bahnen sind bereits bestellt.

Was ist jetzt nochmal genau der Vorteil der schwebenden Bahn? Äh, ja, wäre halt mal was Neues. Und Teures. Und Unerprobtes. Sogar in China, das sicherlich noch etwas technologieoffener ist als good old Bavaria, sind Magnetschwebebahnen bislang häufig nur auf Teststrecken unterwegs. Aber mit Spitzengeschwindigkeiten über 500 Stundenkilometern.

Eine Zumutung im Spitzentempo

Die braucht’s im beschaulichen Nürnberg gar nicht. Spitzentempo hoch über ihren Köpfen wäre den ohnehin städtebaulich schon arg benachteiligten Menschen in Nürnberg-Langwasser auch gar nicht zuzumuten. Gut, dass es die Bögl-Bahn nur auf 150 Stundenkilometer bringt. Passt.

Und wenn nicht, dann wird es eben von Ministerpräsident Markus Söder für seine Heimatstadt Nürnberg passend gemacht. Aber Obacht, Pläne für den Bau einer Magnetschwebebahn sind in Bayern schon einmal gescheitert. 2007 hatte der damalige Ministerpräsident Günther Beckstein (CSU) das Aus für den „Transrapid“ vom Münchner Hauptbahnhof zum Franz-Josef-Strauß-Flughafen verkündet. Grund waren die immer weiter gestiegenen Kosten.

Was Berlin kann, kann Bayern schon lange

Ich glaube ohnehin, dass Markus Söder nur deshalb ausgerechnet jetzt bei der Magnetschwebebahn aufs Tempo drückt, weil CDU und SPD im verhassten Ampel-Hauptquartier Berlin eine Trasse planen. Genauer eine fünf bis sieben Kilometer lange Teststrecke, Infrastruktur, Technik und Züge sollen von der Firma Max Bögl kommen.

Diese Ankündigung kann der bayerische Ministerpräsident nicht unbeantwortet lassen. Was Berlin kann, das kann Bayern schon lange. Und wenn es nicht in der bayerischen Hauptstadt klappt, dann eben in Nürnberg. Besser als Nichts ist das schon lang.