Foto: privat

Kommunalpolitikerin und Designerin Sarah Höfler ist zu Gast beim "Speed-Dating mit Flamingo und Dosenbier" am 8. Dezember im Nürnberger Staatstheater.

Ute Möller
20.11.2023
Lesezeit: 5 Min.

„Niemand muss perfekt sein, um in die Politik zu gehen“

Sarah Höfler ist eine der Panelgäste beim "Speed-Dating mit Flamingo und Dosenbier" am 8. Dezember 2023 im Nürnberger Staatstheater

Es ist wieder soweit und ich freue mich sehr, dass es vor Weihnachten noch mal ein „Speed-Dating mit Flamingo und Dosenbier“ im Nürnberger Staatstheater geben wird. Am Freitag, 8. Dezember 2023, diskutiere ich mit meinen wunderbaren Gästen ab 22 Uhr in der Dritten Etage über Gleichstellung. Im Anschluss daran haben wieder alle Besucher*innen die Möglichkeit, mit meinen Podiumsgästen in den persönlichen Austausch zu gehen.

Eine der tollen Frauen auf dem Podium ist Sarah Höfler. Mit ihr geht es mir wie mit so einigen spannenden Menschen in meinem Netzwerk– ich weiß gar nicht mehr, wie wir uns eigentlich kennengelernt haben. Jedenfalls sind wir seit geraumer Zeit über social media in Kontakt und ich freue mich, dass mir die 36-jährige zweifache Mutter, Selbständige und Kommunalpolitikern für mein Podium sofort zugesagt hat.

Sarah arbeitet seit zehn Jahren als Kommunikationsdesignerin, zunächst angestellt in einer Werbeagentur und seit 2013 hat sie ihr eigenes Designstudio Fabelhaftbysarah in Cadolzburg. Dort sitzt sie auch seit 2020 für die „Bürger*innen für Cadolzburg“ im Gemeinderat. In der Fraktionsgemeinschaft mit der SPD erarbeitete sie sich ihre Position in der Gemeindevertretung.

Ich habe Sarah gebeten, mir ein paar Fragen schriftlich zu beantworten. Das Interview soll zusätzlich Lust auf das Speed-Dating machen. Bis zum 8. Dezember 2023 werde ich alle vier Podiumsgäste vorstellen. Ihr dürft gespannt sein!

Sarah, warum hast Du Dich vor drei Jahren dafür entschieden, in die Politik zu gehen?

Sarah Höfler: Ich hatte den Wunsch, Prozesse besser zu verstehen und mehr Transparenz in Entscheidungen zu bringen. Schon immer war ich eine Macherin, die Themen lieber direkt angeht, anstatt lange um den heißen Brei zu reden. Als sich damals die Gelegenheit ergab, dachte ich mir, dass wir alle zwar kritisieren und meckern können, aber nun habe ich die Möglichkeit, mitzureden und zu verstehen, warum die Dinge so laufen, wie sie laufen.

Ein weiterer Antrieb war die Überzeugung, dass es wichtig ist, junge Menschen in politischen Gremien zu haben. Ich wollte dazu beitragen, neue Perspektiven einzubringen. Ich möchte dazu beitragen, dass die Belange der Bevölkerung besser wahrgenommen werden und Bürgerinnen und Bürger stärker in politische Entscheidungsprozesse eingebunden werden.

Frischen Wind und neue Ideen in die Politik bringen – das ist das Ziel von Sarah Höfler. Foto: Lisa Doneff

Haben für Deine Entscheidungen bestehende Strukturen wie niedriger Frauenanteil in der Politik und familienunfreundliche Sitzungszeiten eine Rolle gespielt?

Ja, definitiv. Als junge Frau, Mutter und Selbständige möchte ich die Interessen von möglichst unterschiedlichen Menschen vertreten. In der letzten Legislaturperiode gab es im Gemeinderat nur ein Mitglied unter 30 Jahren, während die anderen Mitglieder zwischen 40 und 70 Jahre alt waren. Es wurde Zeit, die jüngere Generation wieder in den Gemeinderat zu bekommen.

Wie gehst Du mit diesen Hürden um?

Es ist nicht immer leicht. In meiner Fraktionsgemeinschaft, bestehend aus vier Männern im Alter zwischen 55 und 70 Jahren, stehe ich als 36-jährige Frau vor einigen Herausforderungen. Oft begegne ich Aussagen wie „Das haben wir schon immer so gemacht“ oder „Was braucht es das denn?“. Dagegen muss ich mich argumentativ behaupten. Die Tatsache, dass es bei uns keinen Fraktionszwang gibt und jeder nach eigenem Gewissen abstimmen kann, ermöglicht zwar Meinungsvielfalt, führt jedoch auch dazu, dass ich mich in einigen Fällen nicht durchsetzen kann.

Die Sitzungszeiten stellen eine weitere Hürde dar, da ich in der Regel an drei Sitzungen im Monat teilnehme: Bauausschuss, Fraktionssitzung und Gemeinderatssitzung. Der Zeitrahmen von 18.30 bis manchmal 22.30 Uhr ist nicht immer ideal, besonders weil mein Mann im Schichtdienst als Polizist arbeitet. Die Organisation, damit unsere Töchter nicht alleine zu Hause sind, erfordert die Unterstützung von Omas, die glücklicherweise in der Nähe wohnen, oder gelegentlich einer Kindersitterin. Persönlich würde ich es bevorzugen, wenn die Sitzungen am Vormittag stattfinden.

Angeblich zögern Frauen oft, wenn es darum geht, in der Öffentlichkeit zu stehen. Meinst Du das stimmt und wenn ja, was muss getan werden, um politische Ämter und öffentliche Auftritte für Frauen ebenso selbstverständlich zu machen wie für Männer?

Aus meiner eigenen Erfahrung kann ich bestätigen, dass anfängliche Bedenken, insbesondere hinsichtlich des fehlenden Fachwissens, eine Herausforderung darstellen können. In meinen ersten Jahren in der Kommunalpolitik hatte ich selbst Zweifel, da mir das umfassende Verständnis von Gesetzen, Bauvorschriften und komplexen Planungsprozessen fehlte. Insbesondere die Vorstellung, im Bauausschuss über solche Angelegenheiten entscheiden zu müssen, hat mich zunächst zögern lassen. Doch nach drei Jahren in diesem Amt kann ich sagen: Man kann die Hürden überwinden.

Erstens habe ich gelernt, dass man sich in jede Materie einlesen kann, auch wenn es Zeit und Mühe erfordert. Zweitens gibt es mittlerweile Schulungen und Workshops, die gezielt auf solche politischen Ämter vorbereiten. Drittens hat sich der Austausch mit anderen Politikerinnen in verschiedenen Gemeinden als äußerst hilfreich erwiesen. Oftmals kann man von den Erfahrungen anderer profitieren und Lösungsansätze für ähnliche Themen finden.

2020 hat Sarah die Wahlliste vor der Kommunalwahl in Cadolzburg eingereicht. Tatsächlich zog sie für die „Bürger*innen für Cadolzburg“ in das Lokalparlament ein. Foto: Privat

In der Welt der Kommunalpolitik ist es nicht zwingend erforderlich, in allen Bereichen ein Experte zu sein. Viel wichtiger ist es, dass man Interesse zeigt, neugierig ist und weiß, wie man an Informationen gelangt. Diese Erkenntnis ist entscheidend, um die Teilnahme von Frauen und jungen Menschen in politischen Gremien zu fördern.

Der Fokus sollte darauf liegen, dass niemand perfekt sein muss, um politische Verantwortung zu übernehmen. Vielmehr ist die Bereitschaft, dazuzulernen und sich einzubringen, von großer Bedeutung. Aufklärungs- und Öffentlichkeitsarbeit können dazu beitragen, Bedenken abzubauen.

Ich finde es sehr wichtig, die Botschaft zu verbreiten, dass politische Ämter für Frauen genauso zugänglich sind wie für Männer. Auch junge Menschen sollten ermutigt werden, sich aktiv in Gremien einzubringen.

Du arbeitest auch als Selbständige. Welche besonderen Hürden gibt es hier für Frauen?

Persönlich sehe ich nach wie vor die größte Herausforderung darin, den Spagat zwischen Beruf und Familie erfolgreich zu bewältigen. Als Selbstständige erlebe ich diesen Balanceakt intensiver, da für mich keine klare Grenze zwischen Arbeit und Familie existiert. Die Arbeit begleitet mich den gesamten Tag, und die Herausforderung besteht darin, Grenzen zu setzen, ohne das Gefühl zu haben, in einem Bereich zu kurz zu kommen.

Immer wieder zweifele ich daran, ob meine Leistung ausreicht, ob ich genug für meine Kinder und Freunde da bin, und ob die Balance zwischen Arbeitsleistung und persönlichem Leben stimmt. Die Unsicherheit darüber, wie lange ich in meiner aktuellen beruflichen Position bleiben kann und die Angst vor fehlenden Aufträgen verstärken diese Hürden zusätzlich. Wie gehe ich damit um? Ich versuche, mir nicht zu oft Sorgen über die Zukunft zu machen. Ich bin fest davon überzeugt, dass sich alles finden und entwickeln wird, wie es kommen soll. Ich vertraue darauf, dass sich die Dinge fügen. Wenn es um Kinder und Familie geht, arbeite ich noch daran, den richtigen Weg zu finden.

Vielleicht ist es auch wichtig, den Druck herauszunehmen und zu akzeptieren, dass nicht immer alles perfekt laufen kann. Zusammengefasst empfinde ich das dauerhafte Gefühl, nicht genug zu sein oder zu machen, als meine größte Hürde. Es erfordert eine ständige Anstrengung, daran zu arbeiten und gleichzeitig die Unsicherheiten des Selbstständigseins zu managen.

"Speed-Dating mit Flamingo und Dosenbier" am 8. Dezember 2023 im Nürnberger Staatstheater

Ich freue mich sehr, dass es vor Weihnachten noch mal ein „Speed-Dating mit Flamingo und Dosenbier“ im Nürnberger Staatstheater geben wird. Am Freitag, 8. Dezember 2023, diskutiere ich mit meinen wunderbaren Gästen ab 22 Uhr in der Dritten Etage über Gleichstellung. Dieses Mal bin ich stolz, dass diese vier Frauen dabei sind: Sarah Höfler aus Cadolzburg spricht über die doppelte Herausforderung als Politikerin und selbständige Designerin. Dr. Judith Wunschik ist Physikerin, Expertin für Cybersicherheit und arbeitet bei Siemens Energy als Diversity, Equity & Inclusion Advisor für mehr Diversität und Gleichstellung. Sie ist Mentorin und Mitglied bei FidAR, der Verein setzt sich für mehr Frauen in Aufsichtsräten ein. Andrea Kuhn leitet seit 2007 das Nuremberg International Human Rights Festival. Sie studierte in ihrer Heimatstadt Erlangen Theater- und Medienwissenschaften. Sie hielt Seminare in Filmwissenschaften ab, organisierte die Stummfilm-Musiktage in Erlangen mit. Bei der Gewerkschaft Verdi gründete sie eine Initiative, die sich für faire Arbeitsbedingungen für Festivalmitarbeitende einsetzt. Nora Schöner studierte Wirtschaftsmathematik. Sie entwickelt Software und befasst sich unter anderem mit Cloud Computing und Webentwicklung. Für Nora ist es ein wichtiges Ziel, dass mehr Frauen in der IT-Branche arbeiten, deshalb gründete sie das Netzwerk She’n IT Nürnberg mit. Foto: Lisa Doneff