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Wo wollen wir die Ladepunkte für E-Autos in den Städten haben? Vielleicht lieber am Rand?

Ute Möller
08.12.2022
Lesezeit: 3 Min.

E-Autos brauchen Strom – nur wo?

Deutschland hat im EU-Vergleich noch wenig Ladepunkte für Stromer: Wir müssen jetzt planen, ob wir E-Autos und Ladeinfrastruktur in den Stadtzentren haben wollen

„Meine Frau wäre schon dafür, dass wir uns als Zweitauto einen Stromer kaufen, wenn nur das Laden einfacher wäre. Sie will nicht abends, wenn sie nach Hause kommt, mit dem E-Auto eine Ladesäule suchen und dann womöglich nach zwei Stunden, wenn die Batterie voll ist, noch mal umparken müssen.“ Das erzählte mir ein Bekannter, der in einem dicht bebauten Stadtteil von Nürnberg wohnt. Mit guter U-Bahnanbindung in die Innenstadt. Und einigen großen Parkplätzen und Parkhäusern, die man mit E-Ladestationen bestücken könnte.

Das ist ja für viele die Krux mit dem Stromer: Mal schnell an die Tanke fahren und Benzin zapfen geht nicht mehr. Laut Bundesnetzagentur gaben 69 Prozent der Befragten 2021 in einer Umfrage an, dass zu wenige Ladestationen gegen den Kauf eines Elektroautos sprechen. Noch kritischer werden nur die Anschaffungskosten gesehen.

Tatsächlich, wer ein E-Auto hat, muss planen: Wo will ich hinfahren, wie groß ist die Reichweite meines E-Autos, wie viel Power hat die Batterie gerade und wo ist die nächste Ladesäule? Letzteres kann man dank digitaler Tools schnell checken, aber das muss man eben auch wollen: Aushalten, dass die Power eines E-Autos nicht so leicht verfügbar ist wie Benzin. Uns weil wir so darauf getrimmt sind, Konsum nur dann geil zu finden, wenn alles quick und easy ist, müssen wir Hirn und Gewohnheiten umprogrammieren.

Kaffee trinken, wenn der Stromer lädt

Zeit bekommt plötzlich wieder die Dimension von: Geduld haben. Während das Auto an der Ladesäule an der Autobahnraststätte Strom tankt, kann man einen Kaffee trinken und in die Sonne blinzeln. Oder Smalltalk machen. Ich habe mich an einer Raststätte in der Nähe von Bordeaux im Sommer wunderbar mit einem Holländer unterhalten, als sein Auto an der Säule hing. Reisen mit Strom ist für Holländer eher ´ne easy Sache. Alles cool, kein Stress.

Vielleicht auch deshalb, weil sie in den Niederländen im europäischen Vergleich die meisten Ladesäulen für E-Autos haben. Der Verband der Automobilindustrie (VDA) hat den Ausbau der Ladeinfrastruktur in 31 europäischen Staaten ausgewertet und daraus ein Ladenetzranking für Europa erstellt. Den Spitzenplatz nehmen die Niederlande ein, gefolgt von Norwegen und Schweden. Deutschland rangiert zwar knapp vor Frankreich an zweiter Stelle bei der absoluten Anzahl der Ladepunkte, liegt aber bei Berücksichtigung des Pkw-Gesamtbestands noch unter dem Durchschnitt aller europäischen Staaten.

An dieser Ladestation unweit von Bordeaux hatte ich einen netten Plausch mit einem Holländer. Reisen mit dem Stromer? Fand der echt entspannt. Foto: Möller

Im Juli 2022 zählte Statista deutschlandweit 63 570 Ladepunkte. Davon stehen im Vergleich der Bundesländer die meisten in Bayern, nämlich 12 676. Bis 2030 hätte die Bundesregierung gerne 15 Millionen Elektroautos auf den Straßen. Klar, dass das nicht ohne einen massiven Ausbau der Ladestationen geht. In acht Jahren sollen es eine Millionen Ladepunkte für Stromer sein. Wie das gehen soll? Ist unklar.

Wollen wir autofreie Innenstädte?

Unklar ist auch, welches Mobilitätskonzept bestenfalls mit dem Ausbau der Ladeinfrastruktur verfolgt werden sollte. Wollen wir möglichst viele Ladepunkte in den Stadtzentren, damit jede und jeder nur wenige Schritte gehen muss bis zur nächsten Stromtankstelle? Oder wollen wir langfristig unsere Städte autofrei haben und bieten an der Peripherie, auf Park und Ride-Parkplätzen und in Parkhäusern, Ladepunkte an?

Derzeit macht die Politik den Eindruck, dass es nur ums Tempo und weniger um Verkehrsplanung geht. Wir sollten uns da einmischen und von den Städten Konzepte statt purem Tempo einfordern. Es kann Sinn machen, wie in Berlin Langsamladestationen an Straßenlaternen zu installieren. Es kann aber auch gut sein, davon die Finger zu lassen und lieber zu schauen, wie wir Parkhäuser mit Chargern nachrüsten. Darüber muss jetzt ein öffentlicher Diskurs beginnen, denn es geht um nichts weniger als die Zukunft unserer Städte.

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