Foto: Wayne Bishop/unsplash

Radverkehr als mögliche Mobilität für jede und jeden - das ist das Ziel von Anna Buchmann von Noca Mobility.

Ute Möller
20.12.2023
Lesezeit: 3 Min.

Die Fahrradindustrie kann urbane Mobilität anführen

Anna Buchmann ist CEO von Noca Mobility. Im Adventskalender erzählt sie, warum Veränderung ihr täglich Brot ist.

Anna Buchmann ist CEO und Co-Gründerin von Noca Mobility in Berlin. Veränderung ist für sie quasi ihr täglich Brot. Bevor Anna Buchmann Noca Mobility in die Welt brachte, hat sie schon andere Start-ups beraten. Neues ist das Notwendige von morgen. Also öffnen wir Türchen Nummer 20 des Adventskalenders 2023 von Flamingo und Dosenbier und geben wir der Firmengründerin das Wort.

Liebe Anna Buchmann, mit welcher Idee möchten Sie ganz persönlich die Welt der Mobilität verändern?

Anna Buchmann: Zusammen mit meinen Mitgründern habe ich NOCA vor gut 1,5 Jahren gegründet. Unser Ausgangsziel war es, ein Lastenrad als nachhaltige Alternative zum Auto (vierrädrig, wettergeschützt, elektrisch) für 5000 Euro im Markt anzubieten. Wir haben auch einen Prototypen gebaut, aber es nicht geschafft, das Gesamtkonzept für den angestrebten Preis mit einem nachhaltigen Geschäftsmodell aufzubauen.

Anna Buchmann liebt es Rad zu fahren – und will mit ihrem Unternehmen die Entwicklung neuer Formen der Radmobilität erleichtern. Foto: oh

In diesem Prozess haben wir tiefe Einblicke in die Lieferkette der Fahrrad- und Mikromobilitätsindustrie erhalten und ein großes Potenzial für Digitalisierung, Datenaustausch und Prozessoptimierung beobachtet. Die Fahrradindustrie hat so ein großes Potenzial, die nachhaltige, urbane Mobilität anzuführen – die Zusammenarbeit, die in einer globalen und fragmentierten Lieferkette dafür nötig ist, muss dafür jetzt professionalisiert und digitalisiert werden.

Geschäftspartner teilen Daten miteinander

Und genau da setzen wir mit unserer Software für Supply Chain Management an. Wir ermöglichen es Unternehmen, Daten über Unternehmensgrenzen hinaus zu teilen und Prozesse mit Geschäftspartnern zu automatisieren. Das hört sich vielleicht nicht besonders sexy an, wenn man es zum ersten Mal hört, aber am Ende bauen alle Abteilungen auf eine solide Datengrundlage auf: Verkauf, Einkauf, Produktentwicklung, Nachhaltigkeit, Compliance, Finance. 


Was ist Ihre Motivation?

Ganz ehrlich: in das Thema Mobilität bin ich durch meine Mitgründer gerutscht und habe dabei extrem viel gelernt. Das Thema hat jedoch sofort angeschlagen, da ich eine ganz eigene Erfahrung mit Mobilität gemacht habe. Zwischen meinem Bachelor- and Master-Studium 2015 habe ich mehr als ein Jahr in Indien gelebt und gearbeitet. Das war eine verrückte Erfahrung, die ich nicht missen möchte. Diese Zeit hat mir jedoch auch gezeigt, wie herausfordernd eingeschränkte Mobilität sein kann.

Verkehrschaos in Indien

Es war schwierig, den öffentlichen Nahverkehr zu nutzen; ich wusste meistens nicht, wo die Busse hinfahren, die Sitzordnung war oft nach Geschlechtern getrennt, die Kabinen meistens sehr überfüllt, und man stand stundenlang im Stau fest. Selbst Auto fahren wollte und konnte ich nicht – als an Regeln gewohnte Deutsche war das organisierte Chaos auf den indischen Straßen ein undurchdringbarer Dschungel.

Das Fahrrad hatte keinen Platz auf der Straße und entpuppte sich als lebensgefährliches Unterfangen. Zudem wurde mir geraten, Uber und andere Taxi-Dienste nach 20 Uhr nicht mehr zu nutzen. Ich war vollkommen abhängig von meinem Partner und konnte mich nur eingeschränkt bewegen. Die beschriebenen Herausforderungen können wir mit NOCA nicht alle lösen, aber wir können sicherstellen, dass das Fahrrad als nachhaltige und unabhängige Mobilitätsoption mit einer resilienten, transparenten und nachhaltigen Lieferkette für so viele Menschen wir möglich zugänglich ist und bleibt.


Welche Unterstützung aus Gesellschaft und Politik wünschen Sie sich?

Das Schlüsselwort für mich ist Gleichberechtigung. Es geht nicht darum, dass niemand mehr Auto fahren darf oder SUVs verboten werden sollen. Viel mehr geht eher darum, dass sich alle ihren eigenen Mobilitätsmix zusammenstellen können und dabei Sicherheit, Auswahl und Wirtschaftlichkeit genießen.

Wir brauchen eine gute Förderung von fahrradbasierten Lösungen

Konkret heißt das zum Beispiel eine harmonisierte Infrastruktur, die eine sichere Fahrradfahrt ermöglicht und gleichgestellte Fördermöglichkeiten für die Anschaffung von fahrradbasierten Lösungen.

Von der Gesellschaft wünsche ich mir auch, dass genau dieses Schwarz-Weiß-Denken und „Gegeneinander“ aufhört, und konstruktive Lösungen für nachhaltige Mobilität gefunden werden.