Im neue Bundestag sitzen noch weniger Politikerinnen als vorher. Was ist zu tun, um jetzt trotz der rückschrittigen Zusammensetzung des Bundestags gleichstellungspolitisch nicht nachzulassen? Das fragt Flamingo und Dosenbier die neuen und alten bayerischen Bundestagesabgeordneten. Von 24 angeschriebenen Volksvertreterinnen von CSU, Grünen, der Linken und der SPD haben neun auf die drei Fragen der Redaktion geantwortet. Die Antworten bleiben unkommentiert.
Im zweiten Teil der Serie bezieht die Grüne Bundestagsabgeordnete Lisa Badum aus Forchheim Stellung.
Für welche frauenpolitischen Fragen setzen Sie sich in Berlin ein? Bitte die drei für Sie wichtigsten Themen benennen.
Lisa Badum: Wir müssen das Gewaltschutzgesetz endlich mit Leben füllen: im Schnitt fast jeden Tag ein Femizid, 140 Sexualstraftaten und statistisch alle drei Minuten erlebt ein Mädchen oder eine Frau häusliche Gewalt in Deutschland. Das ist nicht hinnehmbar. Gewaltbetroffene Frauen müssen dringend gestärkt werden, auch im Familiengerichtsverfahren. Überfällig ist zudem die Entkriminalisierung des Schwangerschaftsabbruchs. Als Erstunterzeichnerin des Gruppenantrags zur Neuregelung des §218 finde ich es einfach armselig, dass Union und die „liberale“ FDP die reproduktive Selbstbestimmung von der Tagesordnung ferngehalten haben. Ich setze mich außerdem dafür ein, das Prostituiertenschutzgesetzes zu evaluieren, das Nordische Modell könnte aus meiner Sicht für Deutschland ein Vorbild sein. (Nordisches Modell bedeutet: Prostituierte entkriminalisieren, dafür Sexkäufer und Betreiber kriminalisieren, Ausstiegsprogramme finanzieren und Präventions- und Aufklärungsarbeit leisten.)

2. Was bedeutet aus Ihrer Sicht das Erstarken der extremen Rechten im Bundestag für Frauenpolitik und Chancengleichheit?
Misogynie ist elementarer Bestandteil rechtsextremer Ideologien, gekränkte Männlichkeit ist ihr Treibstoff. Die AfD bringt klar mehr Frauenhass ins Parlament. Auch wenn wir gerade – nicht nur in Deutschland – einen politischen Rollback erleben, sind Tradwife-Fantasien zum Glück nicht mehrheitsfähig. Ich hoffe, die SPD hält die Fahne für Frauenrechte in der kommenden Koalition hoch, denn von konservativen Männern in breitbeiniger Runde ist nichts zu erwarten.
3. 32,4 Prozent Frauen im Bundestag – das sind weniger als in der vorangegangenen Legislatur. Wie sehr ärgert Sie das? Wie kriegen wir mehr Frauen in die Parlamente?
Verrohung der Sitten schreckt Frauen ab
Es ärgert mich sehr, denn wir waren ja schon einmal weiter. Meine Gewissheit, dass es immer weiter vorangehen würde mit der Gleichstellung, wurde erschüttert, seit ein Grapscher und mutmaßlicher Vergewaltiger zum ersten Mal US-Präsident wurde. Von solchen Verhältnissen sind wir in Deutschland zwar weit entfernt, aber die Verrohung des Diskurses schreckt auch hierzulande viele Frauen von politischem Engagement ab. Repräsentation bleibt ein Kampf.
Nächste Folge: Evelyn Schötz (Die Linke)