Foto: Bernd Dittrich / unsplash

Selbstfahrende Busse wie dieser, der bei der Bundesgartenschau in Mannheim fuhr, sind oft klein und kompakt.

Ute Möller
02.12.2023
Lesezeit: 4 Min.

Der nächste Rufbus fährt autonom

Andreas Fehr ist Experte für autonomes Fahren und der Mensch mit Mut hinter dem zweiten Türchen des Adventskalenders von Flamingo und Dosenbier

Der Adventskalender 2023 von Flamingo und Dosenbier will: Mut machen. Why not? Warum nicht? Es ist höchste Zeit, dass wir wieder das Gefühl in uns wecken, Dinge zum Besseren verändern zu können. Nötig ist`s und möglich erst recht. Lassen wir uns nichts anderes erzählen.

Ich wehre mich gegen das Bild der veränderungsunwilligen Bewohner*innen dieses Landes, das uns konservative und populistische Politik vermittelt.  Ich kenne zu viele Menschen, die längst für Wandel losgehen. Weil sie sich selber in die Pflicht nehmen, in der Klimakrise zu handeln. Und sogar Freude dabei haben.

Der Adventskalender 2023 von Flamingo und Dosenbier stellt Menschen mit Mut zu Veränderung vor. Einer von ihnen ist Andreas Fehr, Referent für Autonomes Fahren bei DB Regio Bus in Ingolstadt. Er arbeitet mit an dem länderübergreifenden und mit EU-Mitteln geförderten Projekt Ultimo. Dieses will automatisierte Fahrzeuge in den Städten und auf dem Land zu einem wichtigen Teil des öffentlichen Nahverkehrs machen. Selbstfahrende Rufbusse können eine sinnvolle Ergänzung zu getakteten Bussen und Bahnen sein. Umgesetzt wird Ultimo in der Projektphase in Stadt und Landkreis Herford, in Genf und Oslo.

Andreas Fehr ist Spezialist für autonomes Fahren. Dieses sei eine wichtige Ergänzung im öffentlichen Nahverkehr, sagt er. Foto: oh

Herr Fehr, mit welcher Idee möchten Sie die Welt der Mobilität verändern?

Andreas Fehr: Für mich und uns im EU Horizon Projekt Ultimo ist die Integration von Automatisierten Fahrzeugen in ein offenes Mobility as a Service Angebot durch den ÖPNV der Schlüssel zur Verkehrswende. Mobility as a Service Angebot bedeutet, für immer mehr Menschen die Mobilität mit eigenen Fahrzeugen durch ein auf den individuellen Bedarf abgestimmtes Angebot verschiedener Mobilitätsdienste zu ersetzen. Das kann die Kombination von Bikesharing und öffentlichem Nahverkehr sein, wie es die VAG in Nürnberg anbietet. Wenn man die einzelnen Stationen und Fahrzeuge seiner Reisen von einer App planen und dort auch bezahlen kann, vereinfacht dass diese neue Form der Mobilität sehr.

Automatisierte Fahrzeugflotten aufzubauen, verbessert das ÖPNV-Angebot in der Stadt und auf dem Land (auch in Verbindung der beiden Räume) deutlich. Außerdem wirkt es dem dem Fachkräftemangel entgegen. Dabei setzen wir auf einen Mix unterschiedlicher Fahrzeuge, um Mobilität für alle zu ermöglichen und unterschiedliche Bedienformen zu realisieren.

Die künftigen Nutzer*innen einbeziehen

Neben den klassischen Linienverkehr treten On-Demand Dienste, Linienergänzungen (kleinere Gefäße mit höherer Taktung in Schwachlastzeiten) und Zubringer für Verkehrsknoten und Mobilitätshubs.

Um diese neuen Konzepte erfolgreich zu machen, müssen wir sie auf die Bedürfnisse der Nutzenden ausrichten und diese auch in die Entwicklung einbeziehen. Nur so stellen wir Barrierefreiheit, also Mobilität für alle, und einfache Nutzbarkeit sicher.

Den Fahrgästen müssen wir ein einfaches, intuitiv bedien- und nutzbares digitales sowie physisches Mobilitätsangebot an die Hand geben. Dazu gehören digitale Systeme, die das Denken für die Nutzende übernehmen und immer die beste Mobilitätskette (inter- oder multimodal) empfehlen und leiten. Es muss bequemer und einfacher sein, als mit dem eigenen Auto zu fahren.

Raum neu verteilen

Wir brauchen ein offenes System, in dem relevante Daten und Informationen Gemeingut sind. Das bedeutet eine Abkehr von der Devise „The winner takes it all“. Die Systeme müssen sich an die regionalen Gegebenheiten anpassen und offen für kleinere Mobilitätsanbieter sein.

Der öffentliche Raum muss neu verteilt werden, um umweltfreundliche Mobilitätsformen, Fuß – und Radverkehr sowie ÖPNV, Vorrang zu geben. Und um mehr Grünflächen sowie Begegnungsorte zu schaffen.

Ich bin außerdem ganz klar für eine intensivere Zusammenarbeit der öffentlichen sowie privatwirtschaftlichen Akteure mit dem Ziel einer nachhaltigen Mobilität in Deutschland.

Was ist Ihre Motivation?

Ich möchte durch mein berufliches Schaffen daran mitwirken, unseren Kindern und nachfolgenden Generationen einen lebenswerten Planeten übergeben zu können und eine Weiterentwicklung unserer Gesellschaft ermöglichen, die im Einklang mit der Natur und sich selbst lebt. Dabei schwebt mir das Leitbild aus der Sci-Fi-Serie Stark Trek von Captain Picard vor Augen: „Der Erwerb von Reichtum ist nicht mehr die treibende Kraft in unserem Leben. Wir arbeiten, um uns selbst zu verbessern, und den Rest der Menschheit.“

Welche Unterstützung aus Gesellschaft und Politik wünschen Sie sich?

Wir brauchen eine Abkehr von der „Auto dominierten Logik” in Stadtplanung und Politik, hin zu einer eher feministischen Betrachtungsweise von Mobilität. Wir müssen sofort anfangen die Chancen zu nutzen, die eine klimaneutrale Transformation für Wirtschaft und Gesellschaft bietet.

Wissenschaftsbasiert Zukunft gestalten!

Mehr Mut, wertschätzenden Diskurs und eine starke Vision für unsere Zukunft in Europa! Dazu gehört für mich auch, sich zu lösen von Fixierung auf Quartalsgewinne, Wiederwahl und Profit. Lasst uns Neues wagen und gemeinsam, gleichberechtigt sowie wissenschaftsbasiert (wir wissen sehr genau, was zu tun ist!) die Zukunft gestalten im Jetzt.