Foto: Möller

Die "Autobahn" rund um die Nürnberger Altstadt könnte auch anders. Grün, autofrei, mit Platz für Radler und Fußgänger.

Ute Möller
12.12.2022
Lesezeit: 2 Min.

Das Mobilitäts-Märchen

Wenn wir unsere Visionen davon erzählen, wie wir uns Verkehr in den Städten wünschen, sollten wir bedenken: Anderswo sind die längst real!

Das Mobilitäts-Märchen, das wenigstens eine Utopie sein möchte, wenn es schon an der Realität scheitert:

Maxtorgraben, Spittlertorgraben, Neutorgraben und so weiter – die ganze „Autobahn“ rund um die Nürnberger Altstadt, auf der sich die Blechlawine den ganzen Tag um die City schiebt, ist für Pkw eine No Go-Area. Der Blick von der Dachterrasse des Motel One am Hauptbahnhof fällt nicht mehr auf ein breites Band aus Autoscheinwerfern, sondern auf Menschen, die entspannt zu Fuß gehen. Oder sicher mit ausreichend Platz radeln. Man sieht auf grüne Plätze mit Bänken und Bäume. Auf Kinder, die nach Lust und Laune herumlaufen, weil ihnen kein Autoverkehr gefährlich werden kann.

Die Autos parken außerhalb in Parkhäusern und auf Park und Ride-Plätzen, die gut mit den öffentlichen Verkehrsmitteln an die Innenstadt angebunden und natürlich mit E-Ladesäulen ausgestattet sind. Vom Hauptbahnhof geht es per Rad in die Altstadt, die natürlich auch autofrei ist. Leihräder stehen ausreichend bereit für alle, die mit dem Zug anreisen.

Öffis sind echt günstig

Die Preise für öffentliche Verkehrsmittel, für Parkhäuser in der Peripherie, für Leihräder und -Scooter sind so niedrig, dass das autofreie Nürnberg für alle zu erreichen ist (zur Erinnerung: es gibt Städte wie Luxemburg und Tallinn , in denen sind die Öffis kostenlos). Wir fühlen uns wohl. Die Luft ist gut, im Sommer spenden Bäume Schatten, die Geschäftsleute haben entspannte Kunden, denen sie bei Bedarf mit elektrisch betriebenen Cargobikes die Waren auch nach Hause liefern.

Die spanische Stadt Pontevedra hat vor 19 Jahren die Autos verbannt. Geparkt wird außerhalb in Tiefgaragen. Seit 2009 ist in Pointevedra kein Mensch mehr im Straßenverkehr ums Leben gekommen. 70 Prozent der Wege werden zu Fuß erledigt.

Blick runter auf den Vorplatz des Nürnberger Hauptbahnhofs: „Autos haben nicht mehr Recht auf Platz als alle anderen Verkehrsteilnehmer.“ Foto: Möller

Klar, in Pontevedra leben nur knapp 84000 Menschen. Doch die klare Haltung der Stadtspitze, die besagt, dass Autos keinen größeren Anspruch auf Platz haben als alle anderen Verkehrsteilnehmenden, ist übertragbar. Auf die Nürnberger, auf die deutsche Verkehrspolitik. Wenn man es denn will.

Verkehrspolitik muss Mut haben

Wobei es gar keine Frage des Wollens mehr ist, denn 20 Prozent der Treibhausgase entstehen in Deutschland immer noch im Verkehr. Was ganz klar damit zusammenhängt, dass 80 Prozent des Personenverkehrs mit dem Auto erledigt werden. Auf 1,7 Einwohner kommt ein Auto. Und die Zahl der Pkw nimmt nicht ab, sondern zu. Wenn Verkehrspolitik nicht endlich mutiger wird, haben wir keinen Handlungsspielraum mehr. Man kann autofreie Städte eine Utopie nennen, in anderen Ländern sind sie längst Realität.  

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