Meine Podcast-Aufnahme mit Cristopher Civitillo (einfach hier im Magazin reinklicken unter Podcast, dort gibt es alle Folgen von Be49 zum Nachhören) war für mich ein Highlight dieses Jahr – weil es so selten passiert, dass man sich zum ersten Mal mit jemandem trifft und dann gleich so offen miteinander redet. Mit dem Gefühl, dass es da nichts zurückzuhalten gibt. Merci dafür, Cris.
Dass Cris auch noch ein wunderbarer Fotograf ist und ein männlicher Feminist aus tiefer Überzeugung, ist einfach mega. Klar, dass ich ihn unbedingt beim Adventskalender von Flamingo und Dosenbier dabeihaben wollte! Und thematisch passt das in die Mobilitätsplanungen von Cris auch gerade perfekt rein: Er möchte nämlich am liebsten sein Auto abstoßen und überlegt gerade, wie er als Fotograf, der viel unterwegs sein muss, dann noch durchs Leben kommt. Am liebsten wäre ihm die Kombi: Lastenrad, das er sich noch kaufen muss, plus Gesamtraumticket der Verkehrsbetriebe Nürnberg (oder hoffentlich bald das 49 Euro-Ticket) und falls nötig ab und an ein Leihwagen.
Hier kommen seine Antworten auf die drei Mobilitätsfragen.
Cris, wie bist du gerne mobil, was nervt dich unterwegs regelmäßig?
Ich wohne ziemlich zentral in Fürth und bin eigentlich meistens – falls ich nichts transportieren muss – zu Fuß oder mit den Öffentlichen unterwegs. Alle Einkäufe, auch große Wocheneinkäufe, mache ich zu Fuß mit dem großen Wanderrucksack (40 Liter Fassungsvermögen) plus zwei bis drei Stofftaschen. Ich lauf auch mal ´ne halbe Stunde in eine Richtung, weil es da einen Supermarkt gibt, der Spezielles hat, das ich grad brauche.
Wie wünschst du dir Mobilität?
Mobilität würde ich mir flexibler und allgemeinzugänglicher wünschen. Wir brauchen flächendeckende Konzepte. Dazu gehört der Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs, stillgelegte Strecken des Schienennetzes müssen wiederbelebt werden und noch nicht gut erschlossene Teile der einzelnen Kommunen bauchen endlich eine Anbindung. Ich muss zum Beispiel morgen nach Herzogenaurach und brauche mit den Öffentlichen 55 bis 65 Minuten. Das nächste Problem ist es, dass ich von dem Industriegebiet, in das ich muss, ab 19 Uhr nicht mehr mit den Öffentlichen zurückkomme. Die einzige Verbindung, die mir angezeigt wird, ist: Fahre mit dem Taxi nach Erlangen zum Bahnhof und von dort ab mit dem Zug nach Fürth.
Und natürlich gibt es noch den Klassiker: Ältere Menschen, die nicht direkt in der Stadt wohnen, sollten auch die Möglichkeit haben, in regelmäßigen Abständen in die Stadt kommen zu können. Ein Bus, der am Tag nur zweimal fährt und zwar um 6.33 Uhr in der Früh und um 17.33 Uhr am Abend, ist halt überhaupt kein Angebot!
Was sollte Politik mit Blick auf Mobilität endlich tun?
Wir brauchen die finanzielle Zugänglichkeit zum ÖPNV für alle, also ein Ticket für ganz Deutschland, das für jeden bezahlbar sein sollte. Das 9 Euro-Ticket war ideal, bis 39 Euro macht es noch Sinn, dann finde ich es eigentlich schon zu teuer. Und für alle Leistungsempfänger inklusive Rentnern, Schülern, Studenten und Menschen mit Behinderung sollte es natürlich kostenfrei sein.
Hier mal ein Beispiel aus der vergangenen Woche: Ich musste von Regensburg nach Nürnberg und habe mir ein Einzelticket gekauft…..diese lächerliche Fahrt von Regensburg bis Nürnberg hat 70 Minuten gedauert und 23,80 Euro gekostet….die Fahrtzeit ist mir wirklich wurscht, ich bin da immer entspannt, ich plan meinen Tag halt so, dass die Fahrtzeit reinpasst. Aber den Preis fand ich krass!
Insgesamt wünsche ich mir attraktive Konzepte, die als wirkliche Alternative zum Auto funktionieren: ein Hochleistungsschienennetz durch ganz Europa, eine bessere Förderungen für die Anschaffung eines Lastenrads, eine ordentliche Infrastruktur für Fahrradfahrer. Also gut ausgebaute Radwege, autofreie Zonen, Garagen für Lastenräder anstelle von unzähligen Parkhäusern.
Und ich würde gerne die Automobilkonzerne mit in die Pflicht nehmen, an diesen Konzepten mitzuarbeiten. Die Leute bei VW am Band schrauben dann nicht die nächste 14 Liter -Schleuder zusammen, sondern arbeiten an der technischen Umsetzung zeitgemäßer Mobilitätskonzepte. Ich wünsche mir da ein engeres Miteinander von Staat und Unternehmen.