Foto: Kaiser Medien

Arbeitet am liebsten mit Frauen: Nicole Schwenk ist seit rund 13 Inhaberin der Kaiser Medien GmbH.

Ute Möller
09.05.2023
Lesezeit: 4 Min.

„Beruf und Kinder gut jonglieren können“

Nicole Schwenk wollte schon als Mädchen in den "Männerberuf" Drucker. Als Chefin beschäftigt sie nur Frauen

Nicole Schwenk steht mit beiden Beinen fest auf der Erde. Das sagt man ja gerne, um eine Person zu beschreiben, von der man schnell den Eindruck hat: Was die anpackt, das passt. Nicole Schwenk ist Mediengestalterin und leidenschaftliche Netzwerkerin mit ausgeprägter Kümmerin-Ader. Ihr Weg in die Druckerei- und Kreativbranche war geradlinig, heute arbeitet sie Firmeninhaberin bewusst nur mit Frauen arbeitet. Aus gutem Grund.

Wir sitzen im ersten Stock über Druckern und Plottern, Kartonagen und Druckerfarbe. Nicole Schwenk hat hier oben ihr Büro, sie wohnt auch über den Geschäftsräumen der Kaiser Medien GmbH in Nürnberg – St. Leonhard. Schon um 1890 gab es in dem Gebäude an der Schwabacher Straße eine Druckerei und im ersten Stock war damals der Bleisatz untergebracht.

Bereits Nicoles Vater hat für die Familie Kaiser als Buchdrucker und Schriftsetzer gearbeitet, bis er als Geschäftsführer den Betrieb leitete und schließlich zusammen mit Nicole und ihrem Bruder kaufte. Seit rund 13 Jahren ist Nicole die alleinige Inhaberin.

Druckereien waren Räume für Männer

„Ich wusste schon als kleines Mädchen, dass ich Druckerin werden möchte“, erzählt sie. Nicht dass sie ihren Vater oft zur Arbeit begleitet hätte, „aber ich wollte einfach an der Druckmaschine stehen.“ Nicole wuchs nach der Scheidung ihrer Eltern bei ihrem Vater auf, er riet ihr zu einem Praktikum, dort bekam sie deutlich gesagt: Werd´ als Mädchen lieber Schriftsetzerin. „Drucker galt als Arbeit für Männer, vielleicht weil das Heben der Druckplatten körperlich anstrengend war. Jedenfalls war das ein Raum für Männer.“

Nicole ließ sich von der Ansage beeinflussen und lernte den als „weiblich“ geltenden Beruf der Mediengestalterin. „Bereut habe ich das aber nie, weil ich mit meiner Ausbildung auch gestalten und kreativ arbeiten kann. Ich habe mehr Möglichkeiten.“

Aber grundsätzlich hält sie nichts von Stereotypen wie „typisch weiblich“. Weil diese Zuschreibungen sie als Person nicht beschreiben können. Und weil sie immer noch den Weg von Mädchen in bestimmte Berufe extrem erschweren. Aus diesem Grund macht Nicole jedes Jahr beim „Girls Day“ mit und zeigt Mädchen: Chefin sein ist natürlich möglich, auch in der Druckerbranche. Wobei Nicole deutlich mehr tut, als Vorlagen umzusetzen. Sie entwirft Flyer, Karten, Plakate. Das Kreative macht einen großen Teil ihrer Arbeit aus.

Chefin zu sein musste sie sich erkämpfen

In der Ausbildung wurde sie in die Azubi-Vertretung gewählt und entdeckte ihre „Kümmerin-Ader“. Was sie selber überraschte, „ich bin ja auch durch meinen Vater eher Arbeitgeber orientiert aufgewachsen.“  

Ihr Vater habe sich gewünscht, dass sie die Firma zusammen mit ihrem jüngeren Bruder weiterführt. Aber für Nicole war früh klar, dass das nicht funktioniert. „Mein Bruder hatte weniger Erfahrung, ich habe Vorstufe und Digitaldruck bei uns aufgebaut und wollte meinen Vater durch Leistung davon überzeugen, dass es mehr Sinn macht, wenn ich die Firma allein führe.“

Die „Kümmerin“: Nicole engagiert sich für den Bürgerverein, seit sie vor rund 15 Jahren nach Nürnberg-St. Leonhard zog. Foto: privat

Es folgte ein langer Familienkampf, „mein Vater konnte nicht gegen meinen Bruder entscheiden.“ Erst als Nicole klarstellte, dass sie es nur allein macht oder gar nicht, stimmte der Vater zu, dass sie die neue Chefin der Kaiser Medien GmbH wird.

Angestellte können auch mal ihre Kinder mitbringen

Inwieweit es eine Rolle spielte, dass ihr Vater lieber einen männlichen Nachfolger gehabt hätte, kann Nicole nicht sagen. Aber es sei ja leider immer noch so, dass viele Firmen ein „und Sohn“ im Namen führen, wenn die nächste Generation übernimmt.  „Ein Schmidt und Sohn kennt man, aber ein Schmidt und Tochter nicht.“

Sie hatte auch schon männliche Angestellte, aber das ist lange her. Nicole Schwenk, die Kümmerin, die sich auch im Bürgerverein St. Leonhard/Schweinau für das Viertel einsetzt und bestens vernetzt ist, stellt nur Frauen ein. „Ich habe mich dafür entschieden, dass ich Frauen bewusst dabei unterstützen möchte, Beruf und Kinder zu jonglieren. Meistens sind es ja die Frauen, die sich um die Familie kümmern, ich biete flexible Arbeitszeiten und meine Angestellten können auch mal ihre Kinder mitbringen, wenn sie einen Betreuungsengpass haben.“

Sie kritisiert, dass sich Väter noch längst nicht die Familienarbeit mit den Müttern teilen.  Unternehmerisch sei es ungünstiger, Frauen einzustellen, weil sie wegen der Care-Arbeit eben mal ausfallen, „aber ich will als Arbeitgeberin mit Frauen solidarisch sein“.

Gesagt zu bekommen, dass man in etwas gut ist, kann das Leben verändern

Jeder sollte seinen Teil zu gesellschaftlicher Veränderung beitragen, lautet ein Leitsatz von Nicole. Außerdem habe sie sich als junge Frau mehr Unterstützung und Rückhalt von ihren Eltern gewünscht. Mal zu hören: „Du kannst das, wir trauen dir das zu“, hätte ihr gut getan. Gerade bei der Firmenübernahme. Einfach mal gesagt zu bekommen: „Du bist gut“ – das könne ein ganzes Leben verändern. Jetzt sagt sie das halt anderen, in der Firma, im Stadtteil. Damit werde sie nicht die Welt im Großen verändern, sagt Nicole Schwenk, aber im Kleinen vielleicht schon.