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Manchmal ist der erste Reflex, wenn in der Gleichstellungspolitik mal wieder was so richtig schief läuft: Ab an die Theke und runterspülen! Hilft aber nix, weiß der Flamingo. Weitermachen!

Ute Möller
24.10.2022
Lesezeit: 2 Min.

Bayern schiebt Novelle des Gleichstellungsgesetzes. So geht es nicht!

Die Sozialministerin versprach noch im Juli, dass das Gesetz in dieser Legislaturperiode erneuert wird. Jetzt kommen angeblich die Kommunen wegen der Energiekrise mit der Arbeit nicht hinterher. Was die wohl dazu sagen?

Manchmal muss auch Flamingo und Dosenbier, das sich als Magazin für Hintergründiges, Porträts und Interviews versteht, schlicht Fakten checken. Um dann festzustellen: Ne, geht gar nicht!

Heute erreichte mich eine Mail, der Inhalt: Die bayerische Staatsregierung will das immerhin schon 26 Jahre alte Bayerische Gleichstellungsgesetz in dieser Legislaturperiode doch lieber nicht mehr novellieren. Was einen mit Blick auf die Regierung unter Markus Söder nicht weiter wundern würde, der immer noch glaubt, die Frauenquote sei wie ein Lebkuchenherz vom Oktoberfest ein nettes, aber letztlich überflüssig-pappiges Präsent für lästig gewordene Frauen, die keine Ruhe geben und auch mal was geschenkt haben wollen. Doch die Novelle hat eine lange Geschichte und als ich mir die anschaue, rutsche ich ganz schnell raus aus meinem Hang zur Ironie in die Wut:

Mehrfach hat die Bayerische Staatsregierung angekündigt, das Gleichstellungsgesetz vor der Sommerpause 2023 zu novellieren.

Noch in ihrer Regierungserklärung vom 5. Juli 2022 hat Arbeits- und Sozialministerin Ulrike Scharf die Absicht unterstrichen. Und sie lobte, wie toll die vielen Beteiligten schon an der Novelle gearbeitet hätten.

Den „Arbeitskreis Gesetz“ gibt es tatsächlich auch schon seit einigen Jahren, darin sitzen der Münchner Arbeitskreis der Gleichstellungsbeauftragten (MAKGB), der Landesarbeitskreis der kommunalen Gleichstellungsstellen, die Gewerkschaften DGB, Verdi, GDP, IG Bau, GEW Bayern. Sie haben gleich mal ein neues überarbeitetes Gleichstellungsgesetz vorgelegt. 2021 fand eine Anhörung zur Novelle im bayerischen Landtag statt.

Und jetzt: Stillstand.

Die Erste, die sich dazu öffentlich äußert, ist Verena Di Pasquale, stellvertretende Vorsitzende des DGB Bayern. In einer Pressemitteilung des DGB sagt sie: „Damit begeht die Ministerin klaren Wortbruch und es zeigt sich einmal mehr, welch geringen Stellenwert die Bayerische Staatsregierung der Gleichstellung von Frauen und Männern beimisst. Diese Entscheidung stellt eine 180-Grad-Wende dar und ist ein Schlag ins Gesicht all derer, die sich seit vielen Jahren für eine Novellierung des Bayerischen Gleichstellungsgesetzes einsetzen.“

Städte sind mit dem Gleichstellungsgesetz angeblich zeitlich überfordert

In der offiziellen Begründung für die Entscheidung verweist das Sozialministerium darauf, dass man die Novelle ohne die Kommunen nicht durchziehen könne. Die seien jetzt aber mit Energie- und Flüchtlingskrise ausgelastet. Falscher Zeitpunkt eben. Ich bin gespannt, was die Kommunen in den nächsten Tagen dazu sagen werden.

Zu welchen überraschenden, neuen Erkenntnissen Krisen so führen können. Dass der Ukrainekrieg und damit die Energiekrise auch schon im Juli, zum Zeitpunkt der Regierungserklärung von Ulrike Scharf, tobte – Schwamm drüber. Gleichstellung ist doch wie die Quote und das ganze Weibergedönse ohnehin nur ein Gutzerle für Frauen, die gern quengeln.

Nö, ist sie nicht. Gleichstellung ist Verfassungsauftrag. Und die Gleichstellungsberichte zeigen alle zwei Jahre wieder, dass dem in vielen Punkte nicht nachgekommen wird.

2021 stand im Gleichstellungsbericht:

    21 Prozent der Dienststellen des Freistaates Bayern kommen ihrer gesetzlichen Verpflichtung zur Erstellung eines Gleichstellungskonzeptes nicht nach.

    14,5 Prozent der Dienststellen des Freistaates Bayern sind ihrer gesetzlichen Verpflichtung zur Bestellung von Gleichstellungsbeauftragten nicht nachgekommen.

    Nur 79 Prozent der staatlichen Dienststellen, die an der Befragung teilgenommen haben, verfügen über ein aktuell gültiges Gleichstellungskonzept. Bei den Bezirken, Landkreisen und kreisfreien Gemeinden sind es 55,9 Prozent.

Dass da nichts mehr zu tun wär, mögen Markus Söder und die CSU finden. Ansonsten kenn´ ich zum Glück nicht so viele Ignoraten. Jetzt heißt es protestieren, widersprechen, einfordern. Das übliche Frauengedönse eben.